Das Schulfach Deutsch gliedert sich in vier verschiedene Kompetenzbereiche auf.
1. Sprechen und Zuhören
Die Schülerinnen und Schüler erwerben in Sprachhandlungssituationen kommunikative Kompetenzen und erweitern kontinuierlich ihr sprachliches Repertoire, einschließlich Wortschatz, Phrasen, Satzbau sowie adressaten- und situationsgerechte Formulierungen. Ihre Fähigkeit, vollständige und zunehmend komplexe Sätze zu bilden, eine angemessene Wortwahl zu treffen sowie Fachbegriffe korrekt zu nutzen, wird weiterentwickelt. Ziel ist der Zugang zur Bildungssprache. Unterschiedliche Situationen mündlicher Kommunikation bewältigen die Schülerinnen und Schüler zunehmend sicher, selbstständig und empfängergerecht. Dafür werden unterschiedliche Dialogformen entwickelt. Die Schülerinnen und Schüler beteiligen sich an Gesprächen, begründen eine eigene Meinung und achten auf eine wertschätzende Gesprächsatmosphäre. Sie erzählen, informieren, appellieren und sind sich zunehmend ihrer Sprechabsicht bewusst. Sie sprechen situationsangemessen und zuhörerorientiert. Die Schülerinnen und Schüler zeigen Bereitschaft zuzuhören und nutzen Strategien, um ihre Aufmerksamkeit gezielt zu lenken und wesentliche Aussagen zu verstehen. Im szenischen Spiel erproben sie verschiedene Ausdrucksmittel und analysieren diese. Die Schülerinnen und Schüler übernehmen Verantwortung für ihren Lernprozess, beschreiben Lernerfahrungen und planen sowie reflektieren eigene Lernergebnisse.
2. Schreiben
a) Schreibfertigkeiten
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln eine formklare, flüssige und gut lesbare Handschrift. Sie haben eine entspannte Stifthaltung und achten auf ökonomische Bewegungsabläufe. Die Lehrkraft beobachtet und begleitet die Schreibentwicklung. Bei Bedarf unterstützt sie die Schülerinnen und Schüler durch gezielte Hinweise. Automatisierte Bewegungsabläufe beim Schreiben entlasten das Arbeitsgedächtnis und ermöglichen es den Schülerinnen und Schülern, ihre Aufmerksamkeit auf die Rechtschreibung zu richten.
b) Richtig schreiben
Die Schülerinnen und Schüler erwerben grundlegende Einsichten in die Kernbereiche der Orthografie auf Wort- und Satzebene. Sie erlernen die Laut-Buchstaben-Zuordnungen und wenden ihr Wissen über die Strukturen der Silben, Wortbausteine (Morpheme), Wörter und Sätze sowie grammatische Operationen an, um zu orthografisch richtigen Schreibungen zu gelangen. Indem die Schülerinnen und Schüler über Schreibweisen nachdenken und Rechtschreibstrategien, -techniken und -hilfen gezielt einsetzen, entwickeln sie ein Rechtschreibgespür und übernehmen Verantwortung für die orthografische Richtigkeit ihrer Texte. Die regelmäßige, möglichst tägliche Thematisierung der Rechtschreibung im Unterricht unterstützt die Schülerinnen und Schüler in der kontinuierlichen Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen. Der Einsatz einer überschaubaren Anzahl von Strategien, die z. B. mithilfe von Piktogrammen verdeutlicht werden, erleichtert die Verständigung über Rechtschreibthemen. Der ausschließliche Gebrauch von Methoden, die am lautorientierten Schreiben angelehnt sind, ist untersagt. Eine routinierte Rechtschreibung entlastet beim Schreiben das Arbeitsgedächtnis und ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern, ihre Aufmerksamkeit auf die Textinhalte zu richten. Die Rechtschreibung dient der leichten Lesbarkeit von Texten.
c) Texte verfassen
Schreiben dient der Kommunikation, der Aufbewahrung von Informationen, der gedanklichen Auseinandersetzung sowie dem kreativen und gestalterischen Umgang mit Sprache (vgl. Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich 2004, S. 5). Die Schülerinnen und Schüler werden in ihrer Schreibentwicklung unterstützt und gefördert, damit sie selbstständig adressatenbezogene, verständliche und zunehmend inhaltlich anspruchsvolle Texte schreiben können. Im Mittelpunkt steht der Schreibprozess mit den Teilprozessen Planen, Formulieren und Überarbeiten. Diese Teilprozesse werden auch isoliert voneinander geübt und vertieft. Die Schreibaufgaben sind motivierend und in der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler verankert, berücksichtigen geschlechterspezifische Schreibinteressen und werden erst allmählich komplexer. Die Schülerinnen und Schüler unterscheiden und verfassen erzählende sowie informierende, beschreibende und appellierende Texte. Damit lernen sie verschiedene Textsorten, deren Aufbau sowie typische Formulierungen kennen, die den Textproduktionsprozess entlasten können. Einzelne Aspekte werden isoliert geübt, Schreibstrategien ausprobiert und Wirkungen sprachlicher Mittel erprobt.
3. Lesen - mit Texten und Medien umgehen
Der Deutschunterricht führt zum genießenden, informierenden, selektiven, interpretierenden und kritischen Lesen und legt damit eine tragfähige Grundlage für weiteres Lernen, für weiteres selbstbestimmtes Lesen und eine bewusste Auswahl geeigneter Medien (vgl. Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Primarbereich 2004, S. 9). Dazu gehören neben Literatur, Sach- und Gebrauchstexten als Printmedien ebenso digital abgefasste Texte und audiovisuelle Medien. Der Erstleseunterricht berücksichtigt die individuellen Unterschiede der Schülerinnen und Schüler hinsichtlich ihres Vorwissens, ihres Entwicklungsstands und ihrer Leseerfahrungen. Die frühe Erfahrung von Lesefreude und die Hinführung zum Buch können zu einem dauerhaften Element der persönlichen Lebensgestaltung werden. Somit ist der Aufbau einer nachhaltigen Lesemotivation eine zentrale Aufgabe des Deutschunterrichts. Dem Lesen von Kinder- und Jugendliteratur kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu. Geschlechterspezifische Leseinteressen werden bei der Lektüreauswahl berücksichtigt. Weitere Auswahlkriterien können sein: Texte, die Lebenserfahrungen der Schülerinnen und Schüler aufgreifen, Inhalte, die parallel in verschiedenen Medien angeboten werden, Texte aus unterschiedlichen Kulturkreisen, Texte in Regional- und Minderheitensprachen, regional bedeutsame Texte, Texte zu Sachthemen, aktuelle Kinder- und Jugendliteratur, realistische und fantastische literarische Texte sowie Kinderbuchklassiker. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler Textsorten und verschiedene sprachliche Mittel der Textgestaltung kennen. Die Leseerfahrungen bilden eine wichtige Voraussetzung für die Produktion von Texten. Gute Lesefertigkeiten wie flüssiges, automatisiertes und genaues Lesen in angemessenem Lesetempo bilden die Grundlage für das Erlernen und Anwenden weiterführender Lesestrategien, die das Leseverstehen fördern und für die Erschließung von Texten notwendig sind. Die Schülerinnen und Schüler entnehmen Texten selbstständig Informationen, verknüpfen sie miteinander und verbinden sie mit ihrem Vorwissen. Sie können sich über Gelesenes austauschen und in eine erfolgreiche Anschlusskommunikation treten. Die Schülerinnen und Schüler nehmen sich als erfolgreiche Leserinnen und Leser wahr und entwickeln ein positives Lese-Selbstkonzept. Damit ist die Voraussetzung für das genießende Lesen in der Freizeit gegeben. Die Schülerinnen und Schüler lesen literarische Texte, entwickeln dabei Vorstellungen, können Perspektiven literarischer Figuren nachvollziehen, nehmen sprachliche Gestaltung aufmerksam wahr und können symbolische Ausdrucksweisen verstehen. Sie lernen Literatur für unterschiedliche Interessen zu nutzen. Eine anregende Leseumgebung sowie die Etablierung von Lautleseverfahren im Unterricht tragen zur Ausbildung von stabilen Lesegewohnheiten der Schülerinnen und Schüler bei.
4. Sprache und Sprachgebrauch untersuchen
Der Unterricht knüpft an sprachliche Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler an. Die Kompetenzen im Bereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ werden einerseits systematisch in einem Unterricht, der bewusst Wortschatz und Ausdrucksfähigkeit fördert, erworben. Andererseits werden die Spracherfahrungen der Schülerinnen und Schüler situativ als Gegenstand des Unterrichts genutzt. Durch die Reflexion über eigenes und fremdes Sprachhandeln bauen die Schülerinnen und Schüler ihr Sprachbewusstsein auf und erweitern es. Ziel ist die Entwicklung metasprachlicher Kompetenzen. Das Untersuchen und Entdecken sprachlicher Strukturen und grammatischer Regeln bilden die Grundlage, um Wortstrukturen, Wortarten und Satzstrukturen zu erkennen. Sprachreflexion über grammatische Strukturen auf Wort-, Satz- und Textebene erleichtern insbesondere mehrsprachigen Schülerinnen und Schülern den Zugang zum deutschen Sprachsystem. Es werden Strategien der Wort-, Satz- und Textanalyse entwickelt, die eine wichtige Grundlage für entsprechende Rechtschreibkenntnisse darstellen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Herkunftssprachen, Regional- und Minderheitensprachen, Dialekte und Soziolekte, die im Unterricht thematisiert werden, unterstützen die Schülerinnen und Schüler dabei, ihre Sprachbewusstheit und ihre metasprachlichen Kompetenzen zu entwickeln, die Vielfalt von Sprachen sowie die Vielfalt innerhalb der deutschen Sprache zu entdecken und dieser Vielgestaltigkeit tolerant und wertschätzend zu begegnen. Der Kompetenzbereich „Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“ ist mit allen anderen Kompetenzbereichen des Deutschunterrichts vernetzt und hat eine sprachbildende Funktion. Dabei wird auch die Freude an der Sprache geweckt und gestärkt.
Vgl. Niedersächsisches Kerncurriculum für die Grundschule Schuljahrgänge 1-4 (2017)